Isis stoppen - aber wie? Diskussion mit Omid Nouripour, MdB

Omid Nouripour im Gespräch über die Terrororganisation ISIS. Zahlreiche Gäste waren am Montag, 29.10.2014 zur Diskussion ins GRÜNE Zentrum gekommen. Wie kann eine politische und militärische Gesamtstrategie im Kampf gegen die Terrororganisation ISIS („Islamischer Staat in Irak und Syrien“) aussehen? Diskussion in Aachen mit dem außenpolitischen Sprecher der GRÜNEN im Bundestag, Omid Nouripour MdB, und Oliver Krischer MdB.

Rund 50 interessierte Gäste hatten sich am vergangenen Montag im GRÜNEN Zentrum in der Franzstraße eingefunden, um gemeinsam mit Omid Nouripour MdB und Oliver Krischer MdB die Situation im Irak und in Syrien zu diskutieren. Nicht nur GRÜNE waren gekommen, sondern auch VertreterInnen der Wissenschaft, einiger muslimischer Gemeinden, des Aachener Friedenspreises e.V. – aber auch viele junge Leute, die zum ersten Mal den Weg ins GRÜNE Zentrum gefunden hatten.

Zunächst gab Omid einen kurzen Überblick über das Entstehen der Terrororganisation ISIS – für ein Begreifen der aktuellen Situation nicht ganz unwichtig: „Das reicht weit in die Zeit des letzten Irakkriegs zurück. Damals wurden auch viele Fehler gemacht: Die militärischen Strukturen, die unter Hussein sehr stark waren, wurden aufgelöst, viele der Offiziere einfach ‚auf die Straße‘ entlassen. Das waren damals schon gefährliche Leute, die sich weiter radikalisierten und sich vor allem bis heute bestens zu organisieren wissen!“

Ausgestattet mit modernstem Kriegsgerät, Ölquellen und finanziellen Mitteln erweitert die Terrororganisation ISIS heute ihren Einflussbereich stetig. Bereits tausende Menschen sind ihnen zum Opfer gefallen, hunderttausende sind auf der Flucht vor ihnen. „Das Geld fließt“, so Omid, „im Hintergrund stehen zum einen private Finanziers, die sich in den Golfstaaten verorten lassen. Zum anderen finanziert sich die Organisation über Ölverkäufe.“

Das Vorgehen von ISIS ist barbarisch und geht mit einer vollständigen Rücksichtslosigkeit gegenüber Verlusten in den eigenen Reihen einher, denn schließlich gelte die Devise „Sterben für das Himmelreich“. „Hier manifestiert sich einmal mehr ein Größenwahn, der sich ja auch schon im Namen zeigt: ISIS ist ein Kürzel für: Islamischer Staat im Irak und (Groß-)Syrien. Seit Ende Juni nennt sich die Organisation nur noch IS – Islamischer Staat – und erweitert damit nochmal ihren Territorialanspruch“, erklärt Omid. Anhänger der Gruppe finden sich weltweit auf allen Kontinenten, eine Radikalisierung insbesondere von jungen Menschen findet oftmals über das Internet und ohne erkennbares auslösendes Moment statt.

„Auch unsere Kinder gehen da hin“, mahnt Omid, „es liegt also in unserer Verantwortung, Angebote zu schaffen, die dem entgegenwirken. Wir müssen diejenigen festigen, die noch in der unentschiedenen Mitte sind – und zwar, bevor sie sich radikalisieren. Wir müssen sie überzeugen, dass sie mit uns auf der ‚guten Seite‘ sind.“ Aber natürlich stellt sich die dringliche Frage – wie ist ISIS zu stoppen und wie kann den Menschen geholfen werden, die der Terrororganisation ausgeliefert sind: „Wir müssen uns fragen, was können – und müssen – wir jetzt als erstes tun. Das ist zum einen selbstverständlich humanitäre Hilfe – aber wir müssen auch militärisch unterstützen“, nimmt Omid eine ganz klare Haltung ein. Waffenlieferungen in die Krisengebiete lehnt er ab, denn niemand könne wissen, in welche Hände die tatsächlich gingen.

„Wir brauchen ein Mandat, um einzuschreiten und diesen Wahnsinn zu stoppen. Die vereinten Nationen verfügen über das entsprechende Instrumentarium: R2P, ‘Responsibility to Protect‘ – und hier hat die Weltgemeinschaft Verantwortung zu tragen.“ Es sei ihm bewusst, dass ein militärisches Eingreifen immer auch ein Übel sei, dass aber kein Einsatz oft noch zu viel größerem Übel führe. „Durch den Militäreinsatz schafft man ein Zeitfenster, nicht nur für humanitäre Hilfe, sondern das man auch politisch nutzen muss, um langfristig eine Befriedung der Region zu erreichen.“

Das ist im Falle Syriens allerdings nicht einfach. Die Aktivitäten der USA werden derzeit durch den Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen gedeckt, denn der Irak hat bei den USA entsprechend um Beistand zum Schutze der eigenen Bevölkerung angefragt. An ein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ist aber derzeit wohl nicht zu denken, in Anbetracht der möglichen Blockadehaltung Russlands. Doch die Zeit läuft … täglich rücken die Terror-Milizen vor, die Brutalität und vorherrschende Gewalt ist für uns unbegreiflich groß – und das Leid in der Bevölkerung ebenso.

„Wenn ich hier und heute mit euch eine Lösung finden würde – wir bekämen den Friedensnobelpreis“, resümiert Omid am Ende eines langen Diskussionsabends. Eine Patentlösung gibt es also nicht. Die komplexen Zusammenhänge in der Region um Syrien und Irak sind nicht einfach zu durchschauen. Klar ist aber, dass wir alle in der Verantwortung stehen, und zwar bis hin zu der Frage, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen, damit sie sich bei uns willkommen fühlen und integriert sind, anstatt den Weg der Radikalisierung zu gehen.

 Responsibility to protect - Vollversion

Responsibility to protect Begriffsklärung

Beschluss zur Schutzverantwortung, Bündnis Grüne

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(l. und r.: Oliver Krischer MdB)

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