Meine erste BDK – ein Bericht von Lukas Benner

Am vergangenen Wochenende fand die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis90/die Grünen in Halle (Saale) statt. Dort kamen rund 800 Delegierte aus ganz Deutschland zusammen um auf Bundesebene die zukünftige Ausrichtung der Partei zu beschließen und den Vorstand, das Schiedsgericht und den Parteirat zu wählen. Ich war selbst als Delegierter des Kreisverbands Aachen vor Ort und wollte euch hier davon berichten, wie ich meine erste BDK erlebt habe.

Erster Eindruck: Viele Lobbygruppen und guter Umgang miteinander

Erst einmal möchte ich allgemeine Eindrücke schildern, bevor ich zum inhaltlichen Teil übergehe. Angekommen an der Messehalle, mussten wir uns erst die Stimmkarten und elektronischen Stimmgeräte abholen bevor wir  die Halle betreten konnten. Dafür waren vorher verschickte Einlasskarten notwendig. Bevor es in den Hauptraum der Konferenz mit den Tischen der Delegierten und vielen Kameras ging, musste ich durch einen Vorraum, der gefüllt mit Messeständen war. Überrascht war ich von dieser Ansammlung an Firmen und Lobbygruppen, das hätte ich auf einem Grünen Parteitag nicht erwartet. Unter anderem waren dort der DGB, die Sparkasse und die Vereinigung der privaten Krankenversicherungen vertreten. Es gab Kaffee, Wein, Smoothies, Süßkram, Stifte, Wasser, Postkarten, und vieles mehr gratis.

Positiv überrascht hat mich der zwischenmenschliche Umgang unter den Parteimitgliedern. Nicht vergleichbar mit der durch die AWG überwachte Freundlichkeit bei GJ-Veranstaltungen, aber dennoch ein sehr harmonischer und liebevoller Umgang der Menschen untereinander. Ich weiß natürlich nicht, ob jede*r diese Erfahrung teilt, aber zu mir waren alle freundlich. Ich habe auch viele Grüne Jugend-Menschen und andere bekannte Gesichter getroffen, sodass ein bisschen ein Klassentreffen-Gefühl aufkam.

Der Freitag: Die Einwanderungsdebatte

Nach der Begrüßung gab es Reden über die Geschehnisse in Paris und die Bedrohung durch den Terror. Dann folgte der erste Leitantrag über die „Einwanderungsgesellschaft“ mit einer Debatte über die Einwanderungspolitik und die Geflüchteten. Der Leitantrag sollte unter anderem mit den Änderungsanträgen der Grünen Jugend noch ein ganzes Stück nach links gerückt werden.  Es gab viele Redebeiträge, die unterschiedlich in der Aussage waren, ob jede*r in Deutschland bleiben darf, oder eben nicht. Die verschiedenen Ansichten zu einem Thema gehören in einer Partei dazu, es sind nicht alle einer Meinung, damit muss Mensch umgehen, aber natürlich darf Mensch dann auch die Meinung anderer doof finden. Die Änderungsanträge der Grünen Jugend, sind zu wichtigen Teilen [modifiziert]übernommen worden. Der wohl  strittigste, den Satz, „Nicht alle können bleiben.“ zu streichen,  wurde leider abgelehnt, was ich sehr schade fand, da die Streichung den Antrag weiter in die für mich richtige Richtung gerückt hätte. Alles in allem ist der Antrag aber dennoch vertretbar. Was mich besonders gefreut hat, dass bei wechselnden Mehrheitsverhältnissen im Bund, die Asylrechtsverschärfungen rückgängig gemacht werden sollen.

Der Samstag: Zeitpolitik und Wahlen

Am Samstagmorgen ging es um Zeitpolitik. Ein sehr wichtiges Thema. Ich war froh, dass diesem Leitantrag so viel Zeit eingeräumt wurde. Es geht schließlich darum, wie wir in Zukunft Arbeit und Leben unter einen Hut bekommen sollen und wie viel Zeit wir uns für uns nehmen können. Danach wurde der geschäftsführende  Bundesvorstand wiedergewählt. Erwähnenswert ist, dass der Schatzmeister Benedikt Mayer sich in seiner Bewerbungsrede selber interviewte und sich dabei auf eine sehr humorvolle Weise über die Partei lustig machte. Ich kann euch nur empfehlen, das ganze bei YouTube anzuschauen, ich fand es sehr amüsant. Dass er danach knapp 96% der Stimmen bekam, war nicht sehr verwunderlich. Als der Vorstand komplett war, wurde der Parteirat gewählt. In diesen wurde unter anderem unser Ex-Bundessprecher Erik Marquardt gewählt, das war für mich sehr erfreulich.

Die traditionelle Samstagabendparty war ganz gut, es gab Freibier.

Der Sonntag: Satzungsänderungsanträge und grünes Wirtschaften

Am Sonntag ging es dann erst einmal um Satzungsänderungsanträge. Es wurde beschlossen, in Zukunft mit dem Genderstar zu gendern! Für uns Jung Grüne ist das vermutlich nichts Besonderes, für die Älteren in der Partei war das ein großer Schritt.

Leider lag auch ein ganz furchtbarer Satzungsänderungsantrag zu den Listenplätzen vor. Es wurde von den Antragsteller*innen (ich bezweifle allerdings, dass Frauen* sich daran beteiligt haben) gefordert, dass die offenen Plätze in Männerplätze umgewandelt werden, die denselben Stellenwert wie Frauenplätze haben und auch durch das Frauenstatut mit den entsprechenden Schutzmechanismen ausgestattet werden. Der Mann, der den Antrag einbrachte, hatte eine ziemlich blöde Meinung, die ich hier nicht wieder geben möchte, damit sein Müll nicht weiter verbreitet wird. Die Gegenrede, ebenfalls von einem Mann, war soweit gut, ging nur leider von einem binären Geschlechtersystem aus und war aus meiner Sicht nicht ganz zeitgemäß. Zum Glück wurde der Antrag mit gewaltiger Mehrheit abgelehnt, alles andere wäre nicht tragbar gewesen. Folglich bleibt alles beim Alten und es gibt weiterhin ein Frauenstatut, welches dem Namen gerecht wird.

Außerdem ging es am Sonntag noch um grünes Wirtschaften und Klimaschutz. Beim Klimaschutz lag eigentlich ein Änderungsantrag von Robert Habeck und anderen vor, der das Ziel, 2030 bei 100% erneuerbaren Energien zu sein, ablösen wollte und stattdessen bis 2050 CO² Neutralität forderte. Da dies ein Bruch mit unseren (grünen, coolen, ökologischen, linken) Werten wäre, wurde seitens des Bundesvorstandes der Grünen Jugend eine Aktion geplant, bei der mit Schildern und einem Menschen im Eisbärenkostüm das Ziel bis 2030 verteidigt werden sollte. Für die Rolle des Eisbären fühlte ich mich wie berufen. Zum Glück hat Robert Habeck den Antrag zurückgezogen. Etwas Schade um die schöne Aktion, aber wenn unser Ziel auch ohne Kampf erreicht wurde, ist das sehr gut hinnehmbar, dass dafür niemand im Kostüm durch den Raum laufen musste.

Mein Fazit:

Um es abschließend treffend zu formulieren, bediene ich mich den Worten von Max Lucks, unserem Sprecher: „Die BDK war sicherlich nicht eine Traum-BDK und auch kein links-emanzipatorisches Statement. Aber in dieser Partei gibt es mehr Lichtblicke als ich dachte. Aber immer noch zu wenige. Für eine grüne Partei, die auch in schlechten Zeiten zu ihren Inhalten steht, anstatt unsägliche Kompromisse zu schließen!“

Lukas Benner (der im Eisbärkostüm, siehe Bild)

[caption id="attachment_5180" align="alignnone" width="960"]Aktion Klimaaktion BDK 2015 - CC 2.0 by GRÜNE JUGEND[/caption]

 

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