Rede Ingrid von Morandell zum interfraktionellen Strukturpapier

Rede von Ingrid von Morandell, Fraktionsvorsitzende GRÜNE im SRT, am 22.10.2015

"In der Benehmensherstellung zum aktuellen Haushalt wurde die StädteRegion von vielen regionsangehörigen Kommunen aufgefordert, alle bereits umgesetzten sowie alle geplanten freiwillige Maßnahmen (Sach- und Dienstleistungen im freiwilligen Bereich, wie auch den für die Erbringung freiwilliger Leistungen zu berücksichtigenden Personalaufwand) zu überprüfen und sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach in Frage zu stellen.

Dies solle im Rahmen einer generellen Überprüfung aller freiwilligen Aufgaben nach Maßgabe der Überprüfungspflichten, denen auch die regionsangehörigen Kommunen unterliegen, durchgeführt werden. Neben der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben könne zudem ein strengerer Maßstab bezüglich des Ausbaus von Serviceangeboten (z.B. im Straßenverkehrsamt zur Verkürzung der Wartezeiten) erwartet werden.

Der StädteRegion Aachen könne zugemutet werden, Aufgaben und Einrichtungen zurückzufahren.

Laut Statistik des Landkreistages NRW machen freiwillige Ausgaben in den Kreishaushalten Nordrhein-Westfalens im Durchschnitt 1,5 % aus. Bei der StädteRegion Aachen waren für das Haushaltsjahr 2015 Aufwendungen für freiwillige Leistungen in Höhe von rd. 8,5 Mio. € geplant. Dies entspricht prozentual an den Gesamtaufwendungen 1,36 % womit wir bereits vor dem Strukturpapier unter dem Durchschnitt in NRW lagen – was z. B. bei der Anzahl SGB II Empfängern nicht der Fall ist.

Gerade in den Bereichen Bildung, Sozialleistungen und der Sicherung von Arbeitsplätzen stehen wir in der Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger unserer Region. Eine Einstellung aller freiwilligen Leistungen hätte erhebliche Auswirkungen und würde letztlich langfristig zu deutlichen Mehraufwendungen im Bereich der Sozialhilfe bei der StädteRegion Aachen und zusätzlichen Kosten bei allen regionsangehörigen Kommunen führen.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte haben die Mehrheitsfraktionen von CDU und Grünen mit unserem Antrag vom 2. Oktober 2014 die Verwaltung beauftragt:

1.    alle Aufgaben der SR daraufhin zu überprüfen, ob sie weiterhin in Gänze, nur noch in reduziertem Umfang oder zukünftig nicht mehr wahrgenommen werden sollen

2.    für alle Bereiche Möglichkeiten zur Einsparung sowie deren Auswirkungen auf die Standards der Aufgabenerfüllung aufzuzeigen

3.    ein mit dem Personalrat abgestimmtes Personalbewirtschaftskonzept 2015 bis 2020 mit einem Vorschlag zum Personalabbau vorzulegen, wobei klarstellend festgestellt wird, dass damit keine betriebsbedingten Kündigungen verbunden sein sollen.

Ein erster Schritt der Verwaltung ist nun das vorliegende Strukturpapier mit dem Personalbewirtschaftungskonzept. Strikt aus Verwaltungssicht geschrieben wurde es der Politik vor den Sommerferien vorgelegt.

Wie alle anderen Fraktionen auch haben wir uns über die Sommerzeit in Facharbeitsgruppen intensiv mit den Vorschlägen der Verwaltung auseinandergesetzt und alle Punkte des Strukturpapiers durchgearbeitet.

Viele Punkte konnten wir direkt begrüßen, einige passten so gar nicht zur grünen Politik und zu grünem Selbstverständnis und bei manchen Vorschlägen der Verwaltung, die zum aktuellen Haushalt bereits anders beschlossen wurden, werden wir zu den nächsten Haushaltsberatungen diese Vorschläge in unsere Beratungen aufnehmen.

Zum Papier haben sich die Spitzen der Fraktionen zusammengesetzt um eine gemeinsame Antwort der Politik zu formulieren:

Gemeinsam waren sich alle Fraktionsspitzen von CDU, SPD, FDP und Grünen darüber einig, dass keine betriebsbedingten Kündigungen stattfinden sollen.

Zum Personalbewirtschaftungskonzept verweist der Personalrat nicht nur auf die Intensivierung der Tätigkeiten aller Mitarbeiterinnen, sondern auch darauf, dass die Begrenzung der Steigerung der Personalkosten schon seit dem Ökonomieprogramm 2010 bei faktisch Null lag. Wir begrüßen die Aussage des Städteregionsrates jetzt diesem Gremium als Grundlage für diese Steigerung die Orientierungsdaten des Landes NRW vorzuschlagen. Bis zu den Beratungen des Haushalts und des Stellenplans 2017 wird noch einige Zeit vergehen – ich hoffe, bis dahin werden wir mehr über diese Orientierungsdaten und die Höhe der finanziellen Entlastungen von Bund und Land wissen.

Betonen möchte ich dabei: Es wird kein Mitarbeiter und keine Mitarbeiterin auf die normalen Tariferhöhungen und Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten müssen, wir greifen die finanzielle Situation der einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht an.

Wir sind uns bewusst, dass das Personalbewirtschaftungskonzept dauerhaft zu Einschränkungen der Leistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger führen wird. Deshalb werden wir uns im Personalausschuss in Zukunft genauer mit diesen Auswirkungen beschäftigen und sehen, wo die Politik die Einschränkung – manchmal sicher auch zähneknirschend – hinnehmen muss und wo nicht.

Die Ämter/Arbeitsgruppen – im NKF „Produkte“ -  in denen Personal ausscheidet und nicht ersetzt wird, sollen zukünftig die konkreten Auswirkungen in Arbeitsverdichtungen oder der Einschränkung des Leistungsangebots aufzeigen. Im Ausschuss muss dies im Rahmen der Unterrichtung über die mittelfristige Personalentwicklung dargestellt werden.

Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden steht die SR seit einigen Monaten mit der Aufnahme einer vorher nicht vorstellbaren Zahl von Asylsuchenden aus Krisenländern vor riesigen Herausforderungen. Ganz wichtig ist für mich an dieser Stelle den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken, die seit Wochen freiwillig im Krisenstab mitarbeiten, auf Ihre Freizeit und Ihre Wochenenden verzichten und für die Erstaufnahme bereit stehen.

Vor diesem Krisen-Hintergrund müssen wir auch die Personalkosten neu betrachten und hierfür die gleiche Ausnahme beschließen, die wir für das Jobcenter und die Kitas beschlossen haben. Wobei wir hier natürlich schon der Hoffnung Ausdruck geben, dass diese Kosten von Bund und Land ausgeglichen werden und das Land die 670 Euro für die Erstaufnahmeflüchtlinge auch voll und ganz an die Kommunen und uns weiterleitet.

Dies zum ersten Teil „Personalbewirtschaftungskonzept“.

Zum zweiten Teil des Strukturpapiers möchte ich mich auf vier Punkte konzentrieren:

1.    Bildungspolitik: Ach, wie schnell herrschte hier Einigkeit in unseren interfraktionellen Gesprächen! Wir benötigen dringend eine gemeinsame Abstimmungsplattform aller Träger im Schulbereich, ob Kommunen, LVR, privater Träger oder die Städteregion. Wir wollen keine vordefinierten Standorte ausschließen – Die Abwägung soll auf die breitest mögliche Basis gestellt sein.

Ich habe in meiner Heimatstadt gesehen, welche Verwirrungen eine Schulplanung ohne Blick auf den Nachbarn schaffen kann – aber auch wie leicht die Verantwortung für Förderschüler auf andere Träger geschoben werden kann.

Hier kann keine Schulform gesondert betrachtet werden und auch kein Standort vorab festgelegt werden – ich bin mir sicher dass die Abstimmungsplattform gemeinsam mit den Schulleitungen die beste Lösung finden wird.

Das gilt auch für das Altenpflegeseminar, klar ist, der Ausbildungsgang wird benötigt und eine räumliche Lösung muss bis Ende diesen Jahres vorgestellt werden – wir bleiben in der Verantwortung!

2.    Sozialpolitik:

Nicht nur der umfangreichste Teil, sondern auch sicher der in Öffentlichkeit meist diskutierte Teil des Strukturpapiers. Klar und deutlich kam bei der Politik das Signal der Verwaltung an: Freiwillige und delegierte pflichtige Aufgaben müssen auf den gleichen Prüfstand wie die Aufgabenkritik innerhalb unseres Hauses.

Im Haushalt definieren und planen wir alle internen Ausgaben – das muss auch in der Zusammenarbeit mit den Trägern genau geschehen. Wir wollen mit einer integrierten Sozialplanung die Schwerpunkte des Städteregionstags definieren und den Verbänden selbst ebenfalls eine Planungssicherheit bieten.

Eine integrierte Sozialplanung wird uns als Grundlage aller zur Verfügung stehenden empirischen Daten eine Abwendung vom „Gieskannenprinzip“ ermöglichen. Sie soll uns ermöglichen, die Vergabe der Gelder so zu steuern, dass diese dort hin fließen, wo wir als politisches Gremium die Prioritäten setzen.

Wie alle anderen öffentlichen Kommunen werden wir uns von der Zahlung von Globalmitteln trennen und folgen als Politik so dem Verwaltungsvorschlag. Die Globalmittel werden – wieder unter der Prämisse der Planungssicherheit - noch in 2016 geleistet, um dann mit allen Verbänden im Laufe des nächsten Jahres konkrete Leistungsvereinbarungen zu treffen.

In der Öffentlichkeit wurde eine vehemente Diskussion über z. B. den Zuschuss für die Schuldnerberatung geführt. Hierfür steht eine nicht unerhebliche Summe im aktuellen Haushalt, die Sparkasse Aachen bezuschusst die Schuldnerberatung ebenfalls und die kirchlichen Träger tragen auch noch einen sicher beträchtlichen Teil bei. Das trotzdem in dieser Situation Hilfesuchende weggeschickt werden, kann und darf nicht sein. Deshalb benötigen wir auch hier dringend ein neues Konzept.

Auch im Gesundheitsbereich, sind die Hilferuf der Träger bei uns angekommen. Wir werden gemeinsam klare Prioritäten in neuen, ganz konkreten Leistungsvereinbarungen setzen, denn wir wissen, dass auch hier immer mehr Aufgaben mit den gleichen Ausgaben bewältigt werden müssen, alle Fraktionen waren die grundsätzliche Kürzung der Mittel – wir müssen uns auch hier den gemeinsamen Herausforderungen stellen.

3.    Unternehmen der „Daseinsvorsorge“

Strom- Gas und Wasser: in der Städteregion sorgen vier Unternehmen für sauberes, gutes Trinkwasser und für Gewährleistung der Energieversorgung. Alle Synergien, die hier zu einer Ertragsverbesserung führen werden von uns unterstützt wobei wir betonen, dass die Versorgung in öffentlicher Hand bleiben muss. So stimmen wir bei den vorgelegten Punkten 19, 20, 21, 28 und 29 der Notwendigkeit des Engagements der Städteregion und der Standorte zu.

4.    Interkommunale Zusammenarbeit und Standortsicherung

Standortsicherung und Wirtschaftsförderung funktioniert nur ohne Kirchturmdenken – wir haben mit der AGIT ein gut funktionierendes Instrument für das operative Geschäft, das es zu nutzen und zu stärken gilt.

... und eine logische Schlussfolgerung zur Erweiterung der Zusammenarbeit mit dem stärksten Partner, der Stadt Aachen.

Ebenfalls sollten wir neben der Prüfung der Übertragung des Gebäudemanagements an die und einer gemeinsamen Beschaffung mit der Stadt Aachen wirklich alle „Backoffice“-Bereiche für eine mögliche Zusammenarbeit prüfen. Dieses Angebot soll auch mit den anderen regionsangehörigen Kommunen „gerechnet“ werden, ob nun untereinander oder direkt im Verband der Städteregion.

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich doch noch auf die Punkte „National und International“ eingehen.

In allen Medien wird landauf landab betont, dass nur eine europäischen oder sogar weltweite Zusammenarbeit die gegenwärtigen Krisen überhaupt handhabbar mache. Lassen Sie uns also Aufgaben, die über den Bereich der Städteregion hinausgehen und sogar grenzübergreifende Aufgaben auch in den jeweiligen Ebenen ansiedeln und aktive den Gremien Region Aachen, IRR und Euregio-Maas-Rhein zuarbeiten.

Wir GRÜNEN danken allen Beteiligten in der Verwaltung, die in den ersten Monaten diesen Jahres die Struktur dieses Konzeptes mit Inhalten gefüllt haben und ich danke meinen Fraktionskolleginnen, den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP für die intensiven, teils kontroversen, teils umfassenden aber letztendlich immer konstruktiven Diskussionen in den Sommermonaten bis heute.

So, dies war unsere erste Rede zum Strukturkonzept 2015- 2025. Jetzt folgen zehn Jahre, die wir mit der Umsetzung dieses Konzepts und sicherlich vielen weiteren Reden verbringen werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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