Wie geht es weiter in Berlin?

Eine schwierige Situation zeichnet sich momentan im politischen Berlin ab. Durch den Abbruch der Sondierungsgespräche durch die FDP sind die Verhandlungen um eine Jamaika-Regierung gescheitert. Wie soll es nun weiter gehen? Zu den aktuellen Entwicklungen aus der Hauptstadt berichteten auf der Mitgliederversammlung am 21.11.2017 im Centre Charlemagne Reiner Priggen, Landesvorsitzender a.D. und Oliver Krischer, stellv. Fraktionsvorsitzender der Bundestagsfraktion, der via Skype live zugeschaltet war.

Eigentlich auf gutem Weg gewesen

Reiner Priggen nahm in seiner Funktion als Energieexperte an den Verhandlungen im Umweltbereich teil. Er berichtete über die Schwierigkeit, Sachkompetenz aus den rund 400 Fraktionsmitarbeitern für die VerhandlungsführerInnen zu bündeln und gleichzeitig die Rückkopplung zur Partei zu gewährleisten. Merkbar war, dass der FDP eine tiefere Sachkompetenz in den einzelnen Themenbereichen aufgrund des Neueinzuges in den Bundestag noch fehlte. Die GRÜNEN seien positiv geschlossen in den Verhandlungen gewesen, ganz im Gegensatz zu dem Machtkampf innerhalb der CSU.

Die Verhandlungen seien eigentlich auf einem guten Weg gewesen, berichtete Oliver Krischer. In den Bereichen Landwirtschaft, Digitalisierung, Bildung habe man sich verständigt. Keine Waffen mehr an Saudi Arabien zu liefern wurde auch durchgesetzt. Eine Basis auf der man hätte arbeiten können, gab es auch beim Thema Kinderarmut und Pflege. Im ÖPNV Ausbau und Schienenverkehr wurde viel erreicht. Es sollte mehr Geld in die Ladeinfrastruktur und Bezuschussung von Elektroautos gesteckt werden.

Große Auseinandersetzungen gab es bei der CSU, die in Bayern ihr Gesicht im Flüchtlingsbereich wahren müsste. Doch auch die Unstimmigkeiten in Sachen  Einwanderungsgesetz wurde mit der CSU gelöst. Eine Obergrenze im Familiennachzug für Flüchtlinge von 200.000 wäre zwar nicht grünes Ziel gewesen, aber im Vergleich zu den Zu- und Abwanderungszahlen durchaus vertretbar, meinte der Bundespolitiker.

Das Abrücken vom Kohleausstieg 2020 beurteilte er als gut, um die anderen Parteien unter Druck zu setzen, sich in anderen Punkten ebenfalls auf uns zu zu bewegen. Die CDU sei sehr offen zur Energiepolitik gewesen. Ein gemeinsames Grundverständnis der Klimapolitik fehlte jedoch bei der FDP, die die Klimaziele weniger wichtig beurteilt.

FDP - Kein Interesse an Regierungsbeteiligung

Einig waren sich die Spitzenpolitiker darin, dass die FDP kein echtes Interesse an einer Regierungsbeteiligung hatte. Oliver Krischer begründete seinen Eindruck mit einem Sharepic von Lindner "Lieber gar nicht regieren als schlecht", das laut Erstelldatum bereits vor drei Tagen vorbereitet wurde. "Das FDP-Sharepic machte deutlich, dass sich die FDP bereits von den Verhandlungen verabschiedet hatte," so Krischer. Ein solches Verhalten habe er auch schon von Linders Verhandlungen bei Landtagswahlen gesehen, berichtete Reiner Priggen.

Auch inhaltlich war es mit der FDP sehr schwierig. Beispielsweise mit ihrer Forderung nach einer Abschaffung des EEG. Die FDP meinte, dass sich die Erneuerbaren Energien auf dem Markt durchsetzen sollen. Ohne politische Steuerung sei es für die Erneuerbaren Energien auf dem freien Markt jedoch schwierig, sich gegen den billigen Kohlestrom zu behaupten, so Krischer. Er verstehe Lindner nicht, da auch seine Forderungen berücksichtigt wurden. Beispielsweise hätte die FDP die Abschaffung des Solis in zwei Etappen bekommen.

Fazit: Die FDP-Perspektive war nicht mit Jamaika in Einklang zu bringen. Merkbar war, dass die FDP ein deutliches Stück nach rechts gerückt ist, in Richtung rechtsliberale FPÖ aus Österreich. Die Verhandlungen sein interessant gewesen. Der Prozess habe zum besseren Verständnis zwischen CDU und GRÜNEN und gleichzeitig zur Spaltung von CDU und FDP geführt.

Minderheitenregierung oder Neuwahlen?

In dieser Frage waren die Politiker unterschiedlicher Ansicht. Reiner Priggen wisse aus Erfahrungen auf Landesebene, dass eine Minderheitenregierung funktionieren könne. Anderer Meinung war Oliver Krischer. Die Kultur im Bundestag sei die einer großen Koalition. Er befürchte, dass die GRÜNEN dann lediglich abnicken dürften. Man müsse sich darauf einstellen, dass im März neu gewählt wird.

Bleiben die derzeitigen Umfrageergebnisse wie sie sind, würde sich an den Mehrheitsverhältnisse jedoch nicht viel ändern. Dann sei ein weiser Rat der WählerInnen  gefragt, ihre Stimme klug zu vergeben, so Krischer. "Wenn wir bei den Stimmen zulegen, könnte es für schwarz-grün reichen." Welten entfernt sei man von Rot-Rot-Grün. Eine sozialdemokratische Partei und eine andere Sozialdemokratische Partei, die nicht miteinander reden, ist schwierig. Das wäre ja schon 2013 nicht an uns gescheitert."

Egal, was nun passiert. Die GRÜNEN sind gestärkt aus dieser Phase herausgegangen.

.Artikel in den Aachener Nachrichten

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